Die Landschaft

„International airport“ für die Vogelwelt wäre eine gute Bezeichnung für die Kehdinger Elbmarschen. 5.000 Kilometer legen sibirische Nonnengänse etwa auf dem Weg aus ihrem Brutgebiet Nowaja Semlja an die Niederelbe zurück, um hier auf dem Weg in Richtung Atlantik zu rasten oder zu überwintern.

Ein unglaubliches Naturschauspiel bietet sich den Gästen des Vogelkiekers, wenn sich bis zu 80.000 dieser schwarz-weißen Gänse an der Elbe Energie für ihren Weiterflug anfressen. Auch die Uferschnepfen, die an der Elbe brüten sind Langstreckenflieger. Sie überwintern in Afrika. Berühmte Tierfilmer wie Heinz Sielmann lockte das Geschehen bereits an die Niederelbe, die Vogelkieker-Gäste können es „live“ erleben.

An den Vogelkieker, der sich auf Wegen neben den Rastplätzen vorsichtig nähert, haben sich die Wildvögel übrigens längst gewöhnt: Nonnengänse und Pfeifenten lassen sich oft aus wenigen Metern Entfernung beim Grasen von der Beobachtungsetage des Busses auf den Schnabel schauen.

Doch nicht nur die Nonnengänse, auch 25.000 Blässgänse, ebenso viele Graugänse, 20.000 Pfeifenten und 33.000 skandinavische Goldregenpfeifer machen das niedersächsische Elbufer zwischen Barnkrug und Belum zu einem „Feuchtgebiet internationaler Bedeutung“.

Paradies für Kampfläufer, Wachtelkönig und viele andere

Aber auch die Brutvögel der Kehdinger Marschen tragen dazu bei, dass ein Großteil der Ländereien nach der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützt sind. 25 Brutvogelarten, etwa die Hälfte der Spezies, die hier für Nachwuchs sorgen sind so selten und gefährdet, dass sie auf der Roten Liste stehen.

Meist handelt es sich um typische Feuchtwiesen- und Grünlandbewohner wie die hübschen Kampfläufer, den Wachtelkönig, aber auch Säbelschnäbler, Uferschnepfe und Bekassine. Ein Grund für den Rückgang dieser Arten: rund 5.000 Hektar Kehdinger Grünland sind vom Puls der Elbe-Gezeiten durch den Bau eines Deiches in den 70er Jahren abgeschnitten, die Wiesen und Weiden zu Ackerland verwandelt worden. Viele Priele, an deren Ufer früher die heute seltenen Entenarten wie Knäk-, Schnatter- und Löffelente für Nachwuchs sorgten, existieren nicht mehr oder sind zu stehenden Gewässern geworden.

Um die wilden Gänse und Watvögel zu retten hat das Land Niedersachsen im Laufe der vergangenen Jahre neun Naturschutzgebiete am Elbufer ausgewiesen – Gesamtfläche 6000 Hektar. Mit Erfolg: Dort, wo der Wasserstand künstlich wieder angehoben wird, ist der Bruterfolg von Uferschnepfe und Kiebitz dreimal so hoch, wie auf den intensiv bewirtschafteten Feldern.

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