Das Moor zwischen den Flüssen
Eine Besonderheit des 25 Kilometer langen und bis zu fünf Kilometer breiten Kehdinger Moores ist seine Entstehung: Es bildete sich über rund 7000 Jahre zwischen zwei Flüssen – dem großen Elbe-Strom und dem Nebenfluss Oste.
Geologischer Querschnitt durch das Kehdinger Elbniederungsmoor
Nur im Süden wird es durch Geesthügel begrenzt. Anfangs mischten sich in einer Stillwasserbucht bei steigendem Meeresspiegel noch Salz- und Süßwasser (Brackwasser), erkennbar an fossilen Meeressimsen und Schilf im Untergrund. Durchzogen von Prielen, netzartig ausgebildeten Flussläufen bestand hier über einige Jahrtausende ein Feuchtgebiet. Doch die vor etwa 4.000 Jahren von den Flüssen selbst aufgespülten Uferwälle aus Sand und Klei schlossen schließlich ein weites, flaches Becken ein, das von der Tide abgeschlossen war. Zunächst noch mit Salzwasserröhrichten besiedelt, süßte die Fläche aus und es wuchs nahezu über die gesamte Fläche ein Schilfröhricht. Auf dieser Grundlage wuchs das Hochmoor bis heute dem Regen entgegen.
Vor 14000 Jahren begann die Entstehung einer amphibischen Wildnis zwischen Oste und Elbe. Foto: Christian Schmidt
Vor 14.000 Jahren – die Kehdinger Marsch entsteht
Die Entstehung des Kehdinger Moores geht auf die letzte Eiszeit zurück. Vor 14.000 Jahren waren die Gletscher der letzten Eiszeit in Norddeutschland abgeschmolzen. Die Wassermassen formten das Elbe-Urstromtal, der Meeresspiegel stieg deutlich an. Mit nachlassendem Schmelzwasserabfluss entstanden verschiedene Rinnen – Oste und Elbe bildeten auch im Unterlauf getrennte Flussläufe. Es kam daher im tidebeeinflussten Bereich der Kehdinger Halbinsel häufig zu Überschwemmungen. Die Sturmfluten der Nordsee rissen einerseits tiefe Rinnen in den Untergrund (Priele und Nebenelben), hinterließen aber andererseits eine gewaltige Fracht an Schwebstoffen. Sande, Tone und organische Teilchen wurden vor allem im Bereich der Ufer abgelagert. Diese Sedimente bildeten die heutige Kehdinger Marsch mit einer Mächtigkeit von bis zu 18 Metern.
Vor 7.000 Jahren – unter Schilfwäldern bildet sich ein Niedermoor
Zwischen den Uferwällen von Elbe und Oste liegt das Sietland – eine abflusslose Senke, in der sich Niederschlagswasser, das Süß- und Brackwasser nach Sturmfluten und das Hangquellwasser der Geest im Süden stauten. Der Wasserstand war recht niedrig und das Nährstoffangebot sehr hoch. Es entstanden daher weite Schilfröhrichte im mittleren und südlichen Teil. Im Norden förderte der Salzgehalt des Wassers das Wachstum der Meerstrandsimse. Auf Grund der dauernden Staunässe wurden abgestorbene Schilfwurzeln nicht zersetzt und es entstand in der Zeit von 5.000 bis 2000 V. Chr. eine Schilftorfschicht von bis zu drei Metern Mächtigkeit. Die Perioden der Niedermoorbildung wurden immer wieder durch Zeiten der Überschlickung abgelöst. Man erkennt im geologischen Schnitt daher einen Wechsel von Niedermoor- und Marschschichten.
Vor 7000 Jahren begann zwischen den Uferwällen von Elbe und Oste zunächst die Bildung von Niedermooren aus Schilf, Binsen und Simsen. Foto: Hans-Joachim Schaffhäuser
INFOKASTEN „Darg“
Im Kehdinger Volksmund wird Torf, der unter Marschboden gefunden wird, allgemein als „Darg“ bezeichnet. Bodenkundlich gilt Darg als eine Form des Schilftorfes, der unter Brackwassereinfluss entstanden und mit Schlick durchsetzt ist. Verschiedene Arten von Kieselalgen (Diatomeen) Meeres- wie Süßwasserformen weisen noch auf den Einfluss des Meerwassers hin. Darg liegt in Kehdingen sechs bis zehn Meter unter der ursprünglichen Mooroberfläche. (nach Schubert 1933)
Vor 4000 Jahren beginnen Torfmoose gespeist vom Regenwasser den Schilftrof zu überwachsen. Foto: Christian Schmidt
Seit 4.000 Jahren – Torfmoose lassen das Hochmoor entstehen
Um 2.000 V. Chr. trat eine entscheidende Wende in der Nährstoffversorgung des Niedermoores ein. Auf Grund der Höhe der Schilftorfschicht wurde das Kehdinger Moor nicht mehr mit nährstoffreichem Oberflächen- und Grundwasser versorgt.
Nährstoffarmes Regenwasser speiste von nun an das Moor. Den Niedermoorpflanzen (Schilf, Binsen) wurde die Lebensgrundlage entzogen und es siedelten sich die ersten Torfmoose an (Übergangsmoor). Diese hochspezialisierten Hungerkünstler prägten bis vor wenigen Jahrhunderten das gesamte Kehdinger Moor. Aus den abgestorbenen Torfmoospflanzen entwickelte sich eine Moos-Torfschicht von bis zu sechs Metern Mächtigkeit.
- Schlenken und Seeblecken
- Schilf, Binsen, Torfmoose im heutigen Moor
- Moorturm mit Weitblick zu Elbe und Oste
- Moorstich mit Schilftorf, Schwarztorf, Weißtorf
- Blick ins Sietland
- Torfabbau
- Wasserstand und Torfbildung hängen eng zusammen. Die Erderwärmung stört dieses Gleichgewicht. Feuchtgebiet werden trockener. In Moorgebieten führt das dazu, dass austrocknender Torf Kohlendioxid freisetzt. Das haben japanische Wissenschaftler 2020 ermittelt.
- Europa hat weltweite die zweithöchste Emissionsrate von Treibhausgasen durch die Entwässerung von Moorgebieten. Sie folgt mit 174 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr Spitzenreiter Indonesien (500 Millionen Tonnen) liegt aber vor dem moorreichen Russland (160 Millionen Tonnen). Das melden die Uni Greifswald und die Organisation Wetlands International.im Herbst 2020.
- Moore bedecken rund drei Prozent unserer Erde, binden aber doppelt so viel Kohlenstoff wie in allen Wäldern weltweit. Ein Drittel der Kohlenstoffvorräte im Boden befindet sich in Mooren. In Deutschland enthält eine 15 Zentimeter dicke Torfschicht so viel Kohlenstoff wie ein 100-jähriger Wald auf gleicher Fläche. Geht eine ein Meter dicke Torfschicht verloren, müsste zum Ausgleich mehr als das Sechsfache an Fläche aufgeforstet werden und 100 Jahre ungestört wachsen. (Quelle: NABU)
Bitte beachten Sie:
Beobachtungen in Natur und Landschaft sind von Jahreszeit, Wetter und anderen Faktoren abhängig. Eine Garantie, hier genannte Arten bei einem Ausflug zu sehen, besteht natürlicherweise nicht!