Wasser fürs Moor – gut fürs Klima und die Natur

„Trockene Moore sind Klimakiller“ so der Titel eines Nachrichtenmagazins im Herbst 2020. Klimaschutz ist weltweit zu Recht zu einem der wichtigsten politischen Ziele geworden. Neben der Produktion regenerativer Energie aus Wind, Wasser und Sonne und dem avisierten Verzicht auf Verbrennungsmotoren spielt global die Erhaltung oder Renaturierung von Mooren eine wichtige Rolle. Sie gelten als „natürliche Klimaschützer“. Im Landkreis Stade hat die ökologische Sanierung nicht abgetorfter  Hochmoore wie im Oederquarter Moor oder nach Wiedervernässung abgetorfter Flächen wie im Aschhornereine eine Jahrzehnte lange Tradition.

Das Experiment Torfmoos

Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden abgetorfte Flächen grundsätzlich (wieder) der Landwirtschaft zugeschlagen und meist in Grünland verwandelt. Schon seit Anfang der 1990er Jahre werden die Torf-Unternehmen mit der Abbaugenehmigung zur Wiedervernässung verpflichtet. Nach der Abtorfung soll sich erneut ein wachsendes Hochmoor bilden.

Was zunächst wie ein großes Experiment in der Landschaft klang, hat sich inzwischen bewährt. Hochmoorentwicklung ist auch unter heutigen Bedingungen auf allen Flächen möglich, auf denen einmal Hochmoor gewachsen ist, so die Überzeugung des Moorökologen Georg Ramm.

Die zur Renaturierung erforderlichen Maßnahmen ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte unserer Moore. Es müssen also Lebensbedingungen geschaffen werden, die ein üppiges Torfmoos-wachstum erlauben. Torfmoose gedeihen bei einem gleich-bleibend hohen Wassergehalt des Bodens und in strömungsfreien Kleingewässern, wenn ein möglichst geringes Nährstoffangebot vorhanden ist.

Im Anschluss an den Torfabbau werden alle Entwässerungsgräben verfüllt. Als quellfähiges Substrat wird eine 50 cm dicke Schicht aus Krümeltorf gleichmäßig auf der Fläche verteilt. Damit das Regenwasser in der Fläche bleibt, wird das Gebiet durch Dämme in eine abflusslose Senke verwandelt. Es wird so versucht, die nacheiszeitlichen Bedingungen der Hochmoorentstehung zu simulieren.

Renaturierte Flächen ein Magnet für Arten der Feuchtgebiete

Schon im ersten Jahr werden die renaturierten Abtorfungsflächen von vielen und meist bedrohten Vogelarten aus anderen Lebensräumen angenommen: Kiebitz, Uferschnepfe und Rotschenkel brüten erfolgreich in dem Mosaik aus Grasbulten und offenen Wasserflächen. Über Jahrhunderte waren diese Arten auf Feuchtgrünland zu finden. Heute haben sie auf intensiv genutzten Wiesen und Weiden keine Chance mehr.

Die Besiedlung der renaturierten Flächen mit Pflanzen erfolgt nach einer typi­schen Abfolge: Im ersten Jahr breitet sich flächen­deckend der Kleine Sauerampfer aus. Dazu kommen die Flatterbin­se, Schilf, Rohrkolben und weitere Pflanzen des Grünlandes.

Mit zunehmender Vernässung der Flächen werden die Pioniere ver­drängt und die ersten Pflanzen des Hochmoores siedeln sich an. Scheidiges Wollgras, Pfeifen­gras, Graue Segge Flatterbinsen, Besenheide, Glockenheide und Sonnentau.

Nach einigen Jahren breiten sich die ersten Torfmoose aus. Vor allem das Spießtorfmoos (Sphagnum cus­pidatum) bildet große Bestände in strömungsfreien Tümpeln. Dieses Torfmoos kann längere Zeit unter Wasser leben. Auf älteren Spieß­torfmoos-Beständen siedeln das Trü­gerische Torfmoos (Sph. fallax) und schließlich die deutlich derberen Arten wie Warziges Torfmoos (Sph. papillosum) oder das Mittlere Torf­moos (Sph. magellanicum). Die zuletzt genannten Arten sind in der Lage, neuen Torf zu bilden!

Experten: Wachsende Hochmoore sind wieder möglich!

Ob es im Keh­dinger Moor in Zukunft wie­der große wach­sende Hochmoore ge­ben wird, ist noch offen. Typische Pflanzen des Hochmoores und Tiere der Moorrandbereiche haben sich aber bereits angesiedelt. Aber auch hier droht noch Gefahr: Durch großflächige Entwässerung in der Umgebung und heute sehr starke Nährstoffeinträge aus der Luft werden die Hochmoor­spezialisten zunehmend durch „Al­lerweltsarten“ verdrängt. Dichte Birkenbestände breiten sich auf den Moorresten aus und entziehendem Boden zusätzlich Wasser.

Die Naturschutzbehörden versu­chen, durch gezielte Pflege und Entwicklungsmaßnahmen wie die Rodung von Birken und das Schließen von Abläufen diesen Trend aufzuhalten. Bedroht sind unsere letzten Hoch­moorreste auch durch Nährstoff­einträge aus der Luft – verursacht durch Verkehr, Landwirtschaft und Industrie. Der unerwünschte Stickstoffeintrag aus der Luft entspricht immerhin der Düngung von Ackerflächen in den 1920er Jah­ren.

Bitte beachten Sie:

Beobachtungen in Natur und Landschaft sind von Jahreszeit, Wetter und anderen Faktoren abhängig. Eine Garantie, hier genannte Arten bei einem Ausflug zu sehen, besteht natürlicherweise nicht!